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K4 galerie
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Mia UnverzagtBiografie Werkbeschreibung AbbildungenMia Unverzagt - Biografie
seit 1996 Studium der freien Kunst an der HBK-Saar Ausstellungen1999 "Straße des 13. Januar" öffentlicher
Raum, Saarbrücken Messen2003 Art
Frankfurt (K4 galerie) Mia Unverzagt - Abbildungen und WerkbeschreibungWerkgruppe "Vier Jungen und ein Mädchen"
Vier Jungen und ein MädchenUnbeholfen und linkisch führen vier Jungen und ein Mädchen Unterhosen für die Fotografin vor. Obwohl sie als Torsi fotografiert sind, haften ihren Gesten der Hände, der Arme, ihren Beinstellungen und ihren Beugungen der Hüfte ein Verhalten an, das man als laienhaft bezeichnen kann. Den Kindern sieht man an, dass sie die Künstlerin nur für diese Fotos als "Modelle" einsetzte. Ihre halbnackten Körper sind "gewöhnlich" im positiven Sinn des Wortes. Um Individualität, gar um das identifizierbare Porträt geht es nicht, selbst wenn vom Mädchen der Kopf mit den blonden Haaren in starker Aufsicht zu sehen ist: ein Wiedererkennen ist unmöglich. Also könnte man die Kinder als anonyme Träger der Unterhosen bezeichnen. Sie wurden als passive Objekte wie Schaufensterpuppen mit Unterhosen drapiert. Spätestens hier stellt sich die Frage, ob es überhaupt Unterhosen sind? Unseren zeitgenössischen Formen der "slips" oder "boxershorts" entsprechen diesen Hosen nicht. An welchen Merkmalen erkennen wir diese Hosen überhaupt als Unterhosen, denn viel haben sie noch nicht einmal mit Hosen gemeinsam. Sind wir einmal ehrlich: handelt es sich nicht um peinliche, wollene Lappen, die vor vielen Jahren einmal eine Großmutter strickte? Ebenso wie die Unterhemden der Männer sollten sie den Unterleib der Kinder schützen und wärmen. Sie sind auf das Wesentliche dieser Funktion beschränkte Stereotypen von Kindermode überhaupt. Das Männliche ist markiert durch ein Loch in der Vorderseite der Hose, dazu bestimmt, um den Penis zum Urinieren hindurch zu stecken, ohne die Hosen ausziehen zu müssen. Das Weibliche ist durch die Farbe Rosa und die leichte Taillierung des Kleidungsstückes definiert. Sie scheint auch feiner gearbeitet und liegt stärker am Körper an, um die weiblichen Rundungen besser nach außen transportieren zu können. Durch diese absonderlichen Markierungen der Kleidungsstücke findet eine Infragestellung geschlechtlicher Rollen und ihrer Repräsentationsformen in den Konventionen der Mode statt. Ebenso "unpassend" und aufgezwungen wie die Hosen mühsam am Körper gehalten werden - ohne die Hilfe der Hände würden die Lappen herunter rutschen und die Kinder stünden nackt da - sind auch die Geschlechtsdeterminanten. Die Hosen sind alt aber die Fotos sind heute aufgenommen, wodurch die künstlerische Aktion als eine Inszenierung von männlichen und weiblichen Rollenvorstellungen zu verstehen ist. Somit stellt Mia Unverzagt die Frage, ob denn nicht diese viel zu großen und viel zu altmodischen Unterhosen wie unsere Rollenklischees als lächerliche Relikte der Prüderie und eines schlechten Konservativismus auf den Müllhaufen des Vergessens geworfen werden sollten. Dr. Gerhard Glüher
Werkgruppe "Hüllen
Werkgruppe "Please make me a girl"
Please make me a girlHeute sprechen selbst Feministinnen vom Post-Feminismus, andere, wie etwa die kanadische Künstlerin Nancy Paterson, sehen uns gar in eine technische Ära des Cyberfeminismus hineingleiten, welcher "Frauen die Chance bietet, aus vorgegebenen Rollen auszubrechen". Dagegen setzt Mia Unverzagt mit ihren Installationen auf den ersten Blick auf eine eher konventionelle feministische Sicht. Man fühlt sich unwillkürlich an Simone de Beauvoirs berühmtes Diktum erinnert: "Man wird als Frau nicht geboren, man wird dazu gemacht." Doch Mia Unverzagts rosa überzuckerter Mädchenkosmos ist keineswegs eine melancholische Hommage an eine für manche vielleicht verblichene Utopie. Vielleicht weil sich für sie die berechtigte Frage erhebt, warum der Satz de Beauvoirs nach fünfzig Jahren seine Aktualität eingebüßt haben soll. Ihr ästhetisches Konzept besticht gerade deshalb, weil sie sich jenseits des "Mainstreams" an festen Überzeugungen abarbeitet. Es ist zum einen die ironische Verweigerung, die in "Bitte mach ein Mädchen aus mir" mitschwingt, die eine selbstbewusste junge Künstlerin zeigt, die sich mit politischen und ästhetischen Schematisierungen nicht arrangieren will. Es ist zum anderen auch die abgründige Dialektik zwischen alten und neuen proto-religiösen Elementen einer Domestikation des Weiblichen, die sie spielerisch versucht einzufangen. Ihre Exponate sind heiter und höhnisch, voll entwaffnender Selbstironie und beißendem Spott, sie erschaffen die paradoxe Atmosphäre einer durch Kitsch und Puppenstubenseligkeit vermittelten Einsicht. Mit anderen Worten: Mia Unverzagt bedient sich der besten Ingredienzen einer kommunikativen und subversiven Kunst, die sich an der Selbstdarstellung nicht berauscht, die nicht in einem kreativen Solipsismus ihre Erfüllung findet, sondern die Kunst als Auftrag zur Einmischung begreift, die ästhetische Aufklärung beim Wort genommen wissen will. Ihre Installationen geben den Blick frei auf eine behäbig gefräßige Normalität, die sie zugleich mit ihrer plakativen Überhöhung konterkariert. Sie zeigt uns, dass es nur ein aus Kitsch und Ritus, Schein und Ideologie bestehender Schaumteppich ist, der unsere auf Schönheit fixierte alltagsweltliche Oberflächenästhetik zusammenhält. Und mit dieser Kritik schlägt sie trotz aller spielerischen Ironie einen Bogen zu einer gedankenstrengen Philosophin wie Simone de Beauvoir und deren Credo: "Der Mensch ist frei geboren." Dr. Hartmut Wagner |
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